Neues aus der Verbändelandschaft

Tarifergebnis für die Metall- und Elektroindustrie in NRW erzielt

Metall NRW und IG Metall NRW haben bei der 7. Tarifverhandlung ein Ergebnis erzielt.

Metall-NRW-Präsident Kirchhoffbezeichnete den Tarif-Kompromiss  als „ein von Fairness, Vernunft und Weitsicht geprägtes Ergebnis in einer außergewöhnlich schwierigen Wirtschaftslage“. Es sei gelungen, der enorm heterogenen wirtschaftlichen Situation Rechnung zu tragen. „Für uns ist es ganz wichtig, dass unsere Unternehmen wie schon im Jahr 2020 auch im Jahr 2021 keine Erhöhung der Tabellenentgelte verkraften müssen“, betonte Kirchhoff. Zudem sei mit der IG Metall für das laufende Jahr erstmals ein automatisch wirksamer Entlastungsmechanismus für krisenbetroffene Betriebe vereinbart worden. Die neue jährliche Sonderzahlung von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts im Februar 2022 sowie von 27,6 Prozent eines Monatsentgelts ab Februar 2023 sei für die Unternehmen „schmerzhaft und nur schwer verdaulich, aber mit einem verhalten optimistischen Blick auf verbesserte konjunkturelle Aussichten im kommenden Jahr so gerade noch vertretbar“. Der Tarifabschluss biete den Firmen überdies „einen unbürokratischen und einfach umsetzbaren“ tariflichen Rahmen für betriebliche Regelungen zur Beschäftigungssicherung und die Begleitung von Transformationsprozessen. Die entsprechenden Regelungen seien bewusst an bereits bestehende Tarifvereinbarungen angekoppelt worden. „Das vermeidet zusätzliche Komplexität und vereinfacht den betrieblichen Umsetzungsprozess“, sagte Kirchhoff.
 
Die Tarifvereinbarung im Einzelnen:

  • Eine Corona-Beihilfe von 500 Euro im Juni 2021,  
  • Eine neue Sonderzahlung von 18,4 Prozent eines Monatsentgelts im Februar 2022 steigend auf 27,6 Prozent eines Monatsentgelts ab Februar 2023, die künftig jährlich anfällt.  
  • Der Tarifvertrag gilt rückwirkend zum 1. Januar 2021, hat eine Gesamtlaufzeit von 21 Monaten und endet am 30. September 2022.
  • Die tarifliche Leistung des tariflichen Zusatzgeldes B (T-ZUG B) wird im Oktober fällig und kann in Abhängigkeit vom Unternehmensergebnis entfallen.  
  • TV Zukunft, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigungssicherung:  
  • METALL NRW und IG Metall NRW haben einen tariflichen Rahmen vereinbart, innerhalb dessen Betriebsparteien u.a. betriebliche Transformationsprozesse begleiten können. Darin können auf Basis einvernehmlich erstellter betrieblicher Analysen Gespräche über die Zukunft des Betriebes erfolgen – dieser Prozess kann aber nicht einseitig durch eine Betriebspartei erzwungen werden. 
  • Die Betriebsparteien können zur weiteren Beratung eine von den Tarifvertragsparteien zu gründende Transformationsagentur hinzuziehen. 
  • Besteht keine Einigkeit über einen Regelungsbedarf im Betrieb, kann zur Erreichung eines Konsenses eine Moderation vereinbart werden. 
  • Kommt es auch dann zu keiner Einigung, werden von der Moderation die von den Betriebsparteien identifizierten jeweiligen Handlungsbedarfe schriftlich festgehalten. 
  • Damit sind die betrieblichen Gespräche zu Transformationsprozessen beendet – es bleibt also bei der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit in diesen Fragen. 
  • Optionale Regelungen zur kollektiven Arbeitszeitabsenkung bei Beschäftigungsproblemen in Betrieben:  

Wie bisher:
Durch Betriebsvereinbarung können Arbeitgeber und Betriebsrat bei vorübergehenden Beschäftigungsproblemen bis zu zwölf Monate die individuelle regelmäßige Wochenarbeitszeit auf eine Dauer von unter 35 bis zu 30 Stunden absenken.  

  • Dies kann einheitlich für alle Beschäftigten oder für Teile des Betriebs (Betriebsteile, Abteilungen, Beschäftigtengruppen) erfolgen.  
  • Dabei können auch eine unterschiedliche Absenkung der Arbeitszeit und eine unterschiedliche Dauer der Arbeitszeit vereinbart werden.  
  • Die monatlichen Vergütungen vermindern sich entsprechend der verkürzten Arbeitszeit.  
  • Die Betriebsparteien können Ausgleichszahlungen vereinbaren, die mit den tariflichen Jahresleistungen verrechnet werden. Der Anspruch darauf vermindert sich entsprechend.  

Neu:
Bei einer Arbeitszeitabsenkung ab 13 Monaten insbesondere bei der Begleitung von betrieblichen Transformationsprozessen erhalten die Beschäftigten pro Woche – gemessen am durchschnittlichen Stundenentgelt –
- einen Zuschlag von 25 Prozent bei einer Absenkung auf 32 Wochenstunden   

Bei einer Arbeitszeitabsenkung ab 25 Monaten erhalten die Beschäftigten pro Woche – gemessen am durchschnittlichen Stundenentgelt – einen Zuschlag 
- von 25 Prozent bei einer Absenkung auf 33 Wochenstundenvon
- 50 Prozent bei einer Absenkung auf 32 Wochenstunden    

Bei konjunktur- oder transformationsbedingten Arbeitszeitverkürzungen sind betriebsbedingte Kündigungen nicht möglich. 

Gemeinsame Erklärung zur Bedeutung des Fachkräftenachwuchses 
- Die Tarifparteien wollen die Ausbildungsbereitschaft in den Betrieben fördern. 
- Die Tarifparteien empfehlen, Dual Studierende nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen.
 

NRW-Metallarbeitgeberpräsident Kirchhoff erklärte, in dieser wirtschaftlichen Ausnahmesituation seien die Tarifparteien in NRW ihrer großen Verantwortung für Unternehmen und Beschäftigte gerecht geworden. Die Pandemie habe das Land weiterhin fest im Griff und sorge bei Unternehmen und Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie für massive Verunsicherung. „Umso wichtiger ist es jetzt, dass wir als Tarifpartner in Nordrhein-Westfalen in diesen Zeiten der Ungewissheit langfristig verlässliche und tragfähige Perspektiven setzen können“, betonte Kirchhoff. Der Flächentarif stehe seit Jahren massiv unter Druck und müsse sich die Akzeptanz bei den Mitgliedsunternehmen stets aufs Neue verdienen. Der Tarifabschluss sei daher auch ein Punktsieg für die Tarifautonomie in Deutschland. Nach Worten des NRW-Metallarbeitgeberpräsidenten zeigten die getroffenen Vereinbarungen alle Elemente eines echten Kompromisses. Die Arbeitgeber hätten ihre wichtigsten Ziele durchsetzen können: Einen langfristigen und damit Planungssicherheit schaffenden Tarifvertrag, automatische Kostenentlastungen für krisenbelastete Betriebe als tarifpolitische Antwort auf die heterogene wirtschaftliche Lage in der M+E-Industrie, einfach umsetzbare betriebliche Wahloptionen zur Beschäftigungssicherung sowie die Beibehaltung der unternehmerischen Freiheit bei betrieblichen Transformationsprozessen. (Quelle: Metall NRW, M+E-Newsletter Gesamtmetall)  
 
Wolf: Zeichen der Zuversicht und gute Nachricht für Unternehmen und Beschäftigte
Gesamtmetall-Präsident Wolf hat die Tarifeinigung in NRW begrüßt und erklärte: „Wir haben nicht nur eine lange Nacht hinter uns, sondern auch einen langen Weg. Aber es hat sich gelohnt. Wir haben unter den schwierigen Bedingungen von Rezession und Corona-Pandemie eine gute Lösung gefunden. Wir setzen damit ein Zeichen der Zuversicht und haben eine gute Nachricht für unsere Unternehmen und unsere Mitarbeiter.“ Neben einer Corona-Beihilfe in Höhe von 500 Euro im Juni 2021, erhalten die Beschäftigten der Metall- und Elektro-Industrie künftig im Februar eine neue Sonderzahlung – in 2022 in Höhe von 18,4 Prozent des individuellen Monatsentgeltes, ab 2023 von 27,6 Prozent. Zudem können die „Pforzheim“-Regelungen, mit denen freiwillige Betriebsvereinbarungen zur Abweichung von den tariflichen Regelungen vereinbart werden können, nun auch für die Gestaltung des Strukturwandels angewandt werden. Für Arbeitszeitabsenkungen wurden die bestehenden Regelungen um eine ebenfalls durch eine freiwillige Betriebsvereinbarung einführbare Option ergänzt, nach der die Arbeitszeit für bis zu 36 Monate abgesenkt werden kann. Dabei wird ein teilweiser, gestaffelter Teilentgeltausgleich gewährt. Der Beitrag der Beschäftigten wird über die neue Sonderzahlung finanziert. Zudem wurde erstmals eine automatische Differenzierung vereinbart. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 21 Monaten und gilt bis zum 30. September 2022. Wolf weiter: „Unterm Strich bedeutet das: Wir haben unsere Ziele dieser Tarifrunde erreicht. Es gibt keine zusätzlichen Belastungen der Unternehmen in diesem Jahr, es gibt keinen Einstieg in eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung in unserer Branche und wir haben mit der automatischen Differenzierung ein neues Prinzip eingeführt.“ (Quelle: Gesamtmetall, M+E-Newsletter Gesamtmetall)