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VSU legt energiepolitische Forderungen zur Bundestagswahl 2021 vor

Das gesellschaftliche Großprojekt dieser Zeit ist der Kampf gegen den Klimawandel, das nur mit der Wirtschaft gelingen wird.

Klimaneutralität bis 2045 – dieses Ziel hat sich die Politik gesetzt. Um sie tatsächlich zu erreichen, fordert die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände e.V. (VSU) von der neuen Bundesregierung entsprechende Strategien und Maßnahmen. „Der Kampf gegen den Klimawandel ist das gesellschaftliche Großprojekt unserer Zeit. Das kann nur im Schulterschluss mit der Wirtschaft gelingen. Und die braucht angesichts der Fülle an Herausforderungen schnelle und vor allem kluge politische Entscheidungen. Die Strompreise müssen sinken, die Wasserstoffwirtschaft muss massiv vorangetrieben und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden“, fordert Antje Otto, Geschäftsführerin der VSU. Für das Gelingen der Energiewende dürfe der Fokus jedoch nicht nur auf die Klimaneutralität bis 2045 gerichtet sein, ergänzt Otto. „Vielmehr haben wir ein Zieldreieck: Neben der Klimaneutralität bis 2045 geht es auch darum, den Industriestandort Deutschland zu sichern und zu stärken sowie den gesellschaftlichen Frieden zu bewahren.“ 

Die Unternehmen in Deutschland sind grundlegenden Veränderungsprozessen ausgesetzt, die sie vor enorme Herausforderungen stellen. Neben Digitalisierung, demografischem Wandel und außenhandelspolitischen Themen, wie dem zunehmenden Protektionismus weltweit, ist das Ziel, innerhalb von nur noch knapp über 20 Jahren klimaneutral zu werden, eine Mammut-Aufgabe. Auch die Zwischenziele bis zum Jahr 2030 sind sehr ehrgeizig gesetzt. „Die Unternehmen denken in Entwicklungs- und Investitionszyklen. Für sie ist das Jahr 2030 deshalb nicht zwei Bundestagswahlen entfernt, sondern gedanklich und strategisch schon morgen. Sie brauchen die richtigen politischen Weichenstellungen bereits heute. Diese Dringlichkeit muss der neuen Bundesregierung bewusst sein“, sagt Otto. „Außerdem muss die Politik Klimaschutz so voranbringen, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und der soziale Frieden in unserem Land erhalten bleiben“, sagt sie.

Die Stärke Deutschlands im internationalen Wettbewerb sowie sein hohes Maß an individuellem und gesellschaftlichem Wohlstand beruhen zu einem erheblichen Teil auf der traditionellen Stärke seiner Industrie. Die nächste Legislaturperiode entscheidet, ob Deutschland ein leistungsfähiges Industrieland bleiben wird. Nur eine aktivierende Industriepolitik, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sichert, wird die Zukunft des Standorts Deutschland sichern. Davon profitieren dann auch die Unternehmen an der Saar.

Dringenden Handlungsbedarf sieht die VSU für die kommende Bundesregierung insbesondere bei folgenden energiepolitischen Themen:

1.  Verlässliche Energieversorgung gewährleisten

Die Energiewende ist bisher vor allem eine „Stromwende“. Perspektivisch wird die Energieversorgung im Kern auf zwei Energieträgern beruhen: auf Strom aus erneuerbaren Energien und auf Wasserstoff, der aus erneuerbar hergestelltem Strom erzeugt wird. Um eine sichere und stabile Grünstromversorgung zu gewährleisten, sind ausreichend Erzeugungskapazitäten erforderlich. Wichtigste Treiber des steigenden Stromverbrauchs sind E-Autos, elektrische Wärmepumpen, die Digitalisierung sowie die Wasserstoffelektrolyse. 

Für Industrieunternehmen können bereits kürzeste Unterbrechungen der Stromversorgung zu Produktionsausfällen und erheblichen Schäden führen. Als Industriestandort muss Deutschland selber ausreichend Erzeugungskapazitäten vorhalten, um eine Abhängigkeit von Stromimporten zu begrenzen. In Anbetracht des Kernenergie- und Kohleausstiegs muss auch in Zukunft eine sichere Stromversorgung gewährleistet sein. 

Die Strompreise in Deutschland gehören zu den höchsten weltweit und stellen einen erheblichen Standort- und damit Wettbewerbsnachteil dar. Steuern, Abgaben und Umlagen machen fast 50 Prozent des Industriestrompreises aus. Vor diesem Hintergrund muss sich die neue Bundesregierung dringend dafür einsetzen, dass die Besondere Ausgleichsregelung nicht durch neue europäische Beihilfeleitlinien ab 2022 eingeschränkt wird. Darüber hinaus brauchen die Unternehmen für den Erhalt ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit auch in Zukunft die Entlastungen bei Energie- und Stromsteuer durch den Spitzenausgleich. Daher muss noch in diesem Jahr rechtssicher klargestellt werden, dass die Entlastung ab dem 1.1.2023 – zumindest befristet – weiter wie bisher gewährt wird. 

Zur Erreichung der Klimaziele ist der Bedarf an Investitionen ins Stromnetz aufgrund der Elektrifizierung aller Sektoren und einer zunehmend dezentralen Stromerzeugung enorm. Nach dem aktuellsten Monitoringbericht der Bundesnetzagentur waren von ungefähr 12.000 geplanten Leitungskilometern im Übertragungsnetz bis März 2021 nicht einmal 15 Prozent fertiggestellt. Die neue Bundesregierung muss dafür sorgen, dass Verfahren zum Bau von Stromleitungen beschleunigt werden.

Aufgaben der neuen Bundesregierung: 

  • Sichere und stabile Grünstromversorgung bei steigendem Strombedarf gewährleisten
  • Strompreise reduzieren
  • Besondere Ausgleichsregelung sichern
  • Spitzenausgleich über 2022 hinaus verlängern
  • Infrastrukturausbau der Stromnetze vorantreiben


2.  Wasserstoffwirtschaft aufbauen

Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft muss von der Erzeugung über den Transport bis zur Anwendung gedacht werden. Als großer Nachfrager mit der Fähigkeit zur flexiblen Aufnahme kann die saarländische Stahlindustrie ein entscheidender Treiber für den Aufbau einer regionalen Wasserstoffwirtschaft sein. Darüber hinaus ist das CO2-Einsparpotential durch den Einsatz von klimaneutralem Wasserstoff bei der Stahlherstellung größer als in anderen Sektoren. Voraussetzung hierfür ist aber eine stabile Wasserstoffversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen. Gute Ideen liegen mit der Wasserstoffstrategie der Bundesregierung oder dem Handlungskonzept Stahl auf dem Tisch. Die nächste Bundesregierung muss zügig in die Umsetzungsphase starten, damit Deutschland die viel zitierte Vorreiterrolle beim Thema Wasserstofftechnologie tatsächlich einnimmt. Für das Saarland ist dabei das grenzüberschreitende IPCEI-Projekt für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in der Großregion von entscheidender Bedeutung. 

Aufgaben der neuen Bundesregierung: 

  • Nationale Wasserstoffstrategie zügig umsetzen
  • Wasserstofferzeugung wirtschaftlich machen
  • Transportinfrastruktur für Wasserstoff schaffen
  • Aufbau eines europäischen grenzüberschreitenden Wasserstoffmarktes vorantreiben
  • Wasserstoffimportstrategie entwickeln
  • Exportstrategie für Wasserstofftechnologien entwickeln


3.  Klimapolitische Forschungs- und Innovationsförderung ausbauen, um die Klimaziele 2030 und 2045 zu erreichen

Die neue Bundesregierung muss einen Schwerpunkt auf eine Forschungs- und Innovationspolitik setzen, die wirklich fördert und unterstützt. Dazu müssen unter anderem die Fördermittel deutlich aufgestockt und technologieoffen ausgestaltet werden. Die Förderung darf nicht nur die Kapitalkosten für die Umstellung des Produktionsprozesses beinhalten, sondern muss zusätzliche Betriebskosten im Vergleich zur herkömmlichen Produktion umfassen. Die Dekarbonisierung unserer Volkswirtschaft bis 2045 stellt die Unternehmen vor eine nie dagewesene Herausforderung und ist das teuerste Projekt unserer Gesellschaft. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich der Technologiewechsel stufenweise vollziehen wird und die internationale Wettbewerbsfähigkeit sowohl der traditionellen wie auch der neuen Verfahren über den gesamten Transformationszeitraum gesichert werden muss. 

Aufgaben der neuen Bundesregierung: 

  • Fördermittel aufstocken und technologieoffen ausgestalten
  • Förderung von Kapitalkosten und zusätzlichen Betriebskosten 
  • Internationale Wettbewerbsfähigkeit während des gesamten Transformationszeitraums sicherstellen


4.  Europäischen Green Deal auf globale Wettbewerbsfähigkeit ausrichten

Die Umsetzung der europäischen Klimaziele gelingt nur mit einem ganzheitlichen, in sich konsistenten EU-Instrumentenmix. In zentralen Fragen wie der CO2-Bepreisung, der Reform des Emissionshandels, des Ausbaus der Wasserstoffwertschöpfungsketten oder der Modernisierung des EU-Beihilferechts muss die Bundesregierung mit ihren Partnerländern in der EU vorankommen. 

Im internationalen Wettbewerb und im Kampf gegen zunehmend protektionistische Handelsmaßnahmen aus Drittländern, die deutlich niedrigere Umwelt- und Sozialstandards anwenden, braucht die Industrie Unterstützung. Solange in diesen Ländern keine ähnlich ambitionierten Klimamaßnahmen für 2030 ergriffen werden, müssen Carbon-Leakage-Maßnahmen ausgebaut werden, um eine Abwanderung von Produktion zu verhindern.

Aufgaben der neuen Bundesregierung: 

  • Green Deal mit klugem Ordnungsrahmen ausgestalten
  • Aktive Klimadiplomatie betreiben

Rückfragen gerne an:
Antje Otto                                 
Geschäftsführerin                 
Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände e.V. (VSU)   
Verband der Saarhütten (VDS)                        
Telefon 0681 9 54 34-42                        
ottothou-shalt-not-spamvds-stahl.de                      

Simone Lony
Referentin für Wirtschafts- und Sozialpolitik
Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände e.V. (VSU)
Verband der Saarhütten (VDS)
Telefon 0681 9 54 34-47 
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